TL;DR

  • Die Mathematik der Züchtergleichung zeigt, dass selbst ein winziger Selektionsunterschied (-oder + 0,1 IQ/Generation) schnell genug kumuliert, um die Kognition innerhalb von 50 kyr umzugestalten.
  • Empirische Daten besagen, dass die Selektion auf IQ heute ~ ± 0,6–0,8 Punkte / Generation beträgt und die Prämisse “S ≈ 0” direkt widerlegt.
  • Polygenetische Scores aus alter DNA steigen seit dem frühen Holozän um ≈ +35 IQ, was den theoretischen Erwartungen für S ≈ 0,2 entspricht.
  • Die Behauptung “keine Veränderung seit dem Paläolithikum” ist ein religiöses Axiom, keine wissenschaftliche Schlussfolgerung.

1 Zitate & das Blank-Slate-Katechismus#

“Es gab keine biologische Veränderung bei Menschen in den letzten 40.000 oder 50.000 Jahren. Alles, was wir Kultur und Zivilisation nennen, haben wir mit demselben Körper und Gehirn aufgebaut.” — Stephen Jay Gould1

“Prähistorische Menschen waren unsere Ebenbürtigen in der geistigen Kapazität; der Unterschied ist rein kulturell.” — David Deutsch, Within Reason Podcast, 2025  2

Solche Aussagen werden in vielen Klassenzimmern als selbstevidente Wahrheiten behandelt. Im Folgenden behandle ich sie als falsifizierbare Hypothesen und rechne nach.


2 Die Züchtergleichung auf einem Bierdeckel#

[ \Delta Z ;=; h^{2},S ]

  • ΔZ – Veränderung pro Generation im Merkmalmittelwert.
  • – Erblichkeit (≈ 0,5 für IQ3).
  • S – Selektionsdifferential (Mittelwert der Züchter – Population).

2.1 Größen-Realitätscheck#

Wenn große Väter im Durchschnitt 1 Zoll über dem Mittelwert liegen (S = 1″), dann ist ΔZ ≈ 0,8″/Generation. Zehn Generationen (≈ 250 Jahre) würden +8″ ergeben—eine Größe, die keine der Weltbevölkerungen erreicht hat. Für die Größe muss Σ S über 50 kyr nahe null liegen.

2.2 IQ-Gedankenexperiment#

Setze S = +1 IQ (unterhalb des Test-Retest-Fehlers). Mit h² = 0,5 ist ΔZ = 0,5. Nach 10 Generationen: +5 IQ. Nach 400 Generationen (~10 ky): +200 IQ—offensichtlich absurd. Daher entweder S≈0 für den größten Teil der Vergangenheit oder Homo sapiens vor 10 ka waren weit weniger weise.


3 Selektion Jetzt: Zwei Unabhängige Linien#

DatenstromGeschätztes S (IQ Punkte/Gen)Anmerkung
Fruchtbarkeit × Testergebnisse, UK/US Zwillingsdaten-0,8Meta-Analyse von Geschwisteranzahl vs. IQ4
Polygenetische Score-Veränderung über US-Geburtsjahre 1931-1990-0,6 (-0,055 SD)Genomische Selektionsuntersuchung5

Größenordnung ≈ 1 im entspannten Selektionsregime des späten 20. Jahrhunderts. Zu behaupten, S < 0,1 für jede prähistorische Generation sei eine Sonderbehandlung.


4 Selektion Damals: Signale aus Alter DNA#

Große aDNA-Datensätze (~7.000 Genome) ermöglichen es uns, polygenetische Scores (PGS) für Hunderte von Merkmalen zu verfolgen. Die hier am relevantesten Ergebnisse:

  • Kognitive PGS stiegen seit 10 ka um ~0,5 SD—≈ +35 IQ, wenn lineare Skalierung gilt. 6
  • Die Hälfte der zwölf stärksten holozänen Selektionen betrifft kognitionsbezogene Merkmale (Bildungserfolg, intrakraniales Volumen usw.).
  • X-Chromosom-Hotspots wie TENM1 zeigen selektive Sweeps, die auf < 60 ka datieren, was mit Rekursion/Phonologie-Anpassungen bei post-Neandertaler Menschen übereinstimmt. 7

Das Einsetzen von S ≈ 0,2 in die Züchtergleichung reproduziert die +35 IQ-Trajektorie sauber.


5 Einwände—& Warum Sie Scheitern#

Blank-Slate-EinwandWiderlegung
“S = 1 IQ ist zu hoch.”Die empirische Größe von S heute ist ~0,8
“h² ist niedrig.”Zwillings-/Adoptionsforschung → h²(IQ) ≥ 0,5; Turkheimers Erstes Gesetz8.
“IQ ≠ Intelligenz.”Wahr, aber irrelevant: alle Verhaltensmerkmale zeigen erhebliche h², daher rettet der Austausch S≈0 nicht.
"+5 SD ist Augenwischerei."Phasenübergänge (Rekursion, Sprache) verhalten sich nicht-linear; +5 SD bei einem Schwellenmerkmal = kategoriale Verschiebung.
“Archäologie zeigt bereits Symbolik @ 100 ka.”Frühes Ocker/Perlen sind zweideutig; dauerhafte, weit verbreitete symbolische Medien explodieren erst im Oberen Paläolithikum (siehe Begleitkatalog Sapient Paradox).

6 Implikationen#

  • Sapient Paradox gelöst. Wenn die kognitive Leistungsfähigkeit innerhalb der letzten 50 kyr skaliert wurde, löst sich die Verzögerung zwischen Anatomie und Kunst auf.
  • Zeitrahmen der Selbstdomestikation. Hunde, Rinder, Mais wurden alle < 10 ky domestiziert; es gibt keinen Grund, warum Menschen 300 kyr für vergleichbare neuronale Umverdrahtung benötigten.
  • Ideologische Folgen. Modelle mit flacher kognitiver Landschaft überleben durch Dekret, nicht durch Daten—ähnlich wie BYUs kreationistisches Pamphlet in meinem ersten BIO 101.

7 Schlussfolgerung#

Populationsgenetik, moderne Fruchtbarkeitsdaten und alte Genome konvergieren zu einer langweiligen Schlussfolgerung: Intelligenz war während des späten Pleistozäns und Holozäns unter direktionaler Selektion. Die einzige Welt, in der unsere Gehirne vor 50.000 Jahren eingefroren sind, ist eine, in der Intelligenz keinen Fitnessvorteil brachte—eine Welt, die kein Jäger-Sammler je bewohnte.

Wie Darwin Descent of Man aus Angst vor Empörung verzögerte, schleichen heutige Gelehrte um das Gehirn herum. Aber das Genom kümmert sich nicht. Die Zahlen sind da; die leere Tafel ist draußen.


Fußnoten#


Quellen#

  1. S.J. Gould Zitat in Has Human Evolution Stopped? 1
  2. D. Deutsch & A. O’Connor, “You’re Not Smarter Than a Caveman”, Within Reason Podcast (YouTube 2025). 2
  3. Hugh-Jones D. et al., 2024 Selektionsscan – siehe Fußnote 3. 9
  4. Skov L. et al., “Extraordinary selection on the human X chromosome…”, Cell 2023. 7
  5. Piffer D. “Evolutionary Trends of Polygenic Scores in European Populations…”, Twin Res. 2023. 6

  1. PMC ↩︎ ↩︎

  2. Youtube ↩︎ ↩︎

  3. Schätzungen von h² für psychometrisches g reichen im Erwachsenenalter von 0,5–0,8 (siehe Polderman et al., Nat. Genet. 2015). ↩︎

  4. Lynn R. Dysgenics (1996) synthetisierte >25 Fruchtbarkeit-IQ-Datensätze; mittleres r ≈ –0,2 ⇒ S ≈ -0,8 IQ. ↩︎

  5. Hugh-Jones D. & Kohler H-P. “Natural Selection across Three Generations of Americans”. 2024 Pre-Print. 9 ↩︎

  6. Cambridge ↩︎ ↩︎

  7. PubMed ↩︎ ↩︎

  8. Turkheimer E. “Three Laws of Behaviour Genetics”. Curr. Dir. Psychol. Sci. 9 (2000) 160-164. 10 ↩︎

  9. Gwern ↩︎ ↩︎

  10. Journals ↩︎